Was machst du? – Ein Freiwilliges Soziales Jahr!

Was machst du nach deinem Abitur? Hast du schon einen Berufswunsch? Möchtest du studieren? – Wenn ich jedes mal hätte zählen sollen, wie oft mir diese drei Fragen gestellt wurden, dann bräuchte ich gefühlt einen A3-Zettel…

„Mit meinem Abitur in den Händen liegt mir die Welt zu Füßen!“

Mit genau diesem Mindset bin ich letztes Jahr an meine Abiturprüfungen herangetreten, habe sie erfolgreich abgeschlossen, meinen Abschluss zelebriert – soweit wie es eben möglich war – und doch wurde ich schnell eines Besseren belehrt. Neben zahlreichen Ablehnungen auf Bewerbungen, dem neuen alltäglichen Leben und der gesamten Situation von 2020 lernte ich schnell, das einem nichts im Leben geschenkt wird.

Zu dieser Zeit waren die oben genannten Fragen aktueller denn je, jedoch habe ich mich damit nie so wirklich auseinandergesetzt – ganz im Gegenteil, ich habe sie vor mir hergeschoben, sicherlich aus Bequemlichkeit, aber auch deshalb, weil der Schulalltag, die „angestemmte Routine“, einen nie dazu aufforderte. Plötzlich stand ich da mit meinem Abschluss in den Händen, die meisten meiner Freunde waren bereit, ihr Studium anzutreten und ich? Ich hatte keinen Studienplatz – ich fühlte mich, als wäre ich nicht gut genug für diese Welt … welch eine Ironie!

So entschied ich mich für ein FSJ und ich muss zugeben, es war für mich eine Art „Notlösung“, eine Antwort auf die oben gestellten Fragen. Eine Ausrede, mich nicht schlechter zu fühlen, als ich bin.

Also für jeden, der keinen Studienplatz bekommt, der sich nicht schlechter fühlen will als seine Freude, der hat mit einem FSJ die perfekte Ausrede gefunden. Spaß!

Aber so dachte ich tatsächlich, zumindest in der Zeit bevor ich mein FSJ begann, für mich war es eine Art sicherer Hafen. Jedoch im Nachhinein betrachtet war es die richtige Entscheidung! Auch wenn das jetzt klingen mag, als wäre es aus einem schlechten Werbespot herausgeschrieben – es stimmt. Ich habe es bis heute nicht bereut, mich nach einem FSJ erkundigt zu haben.

Denn das FSJ hat mir gezeigt, wie das wahre Leben funktioniert und ich kann Dir versichern, du wirst die Schulzeit für immer anders wertschätzen.

Durch eine gute Bekannte bin ich überhaupt auf das FSJ aufmerksam geworden, denn sie schwärmte stets über ihre Einsatzstelle und da auch sie einen Weg in die Medizin anstrebte, begann ich mich zu informieren und – „Voilà“ – hier bin ich.

Schon mein erster Arbeitstag begann spannend, 05.40 Uhr aufstehen, selbstständig auf Arbeit fahren – nicht mehr wie früher mit dem Bus. Man kommt auf der Arbeitsstelle an, geht in seine Abteilung – in meinem Fall der OP des Klinikums Döbeln – und wird hineingeworfen in einen großen Pool fremder Leute – eine Art Familie, für mich eine unangenehme Situation. Die erste Herausforderung des FSJs bestand also darin, sich in diese große Familie als Neuankömmling einzuarbeiten.

Meine ersten Monate verbrachte ich damit als Lagerungspfleger zu arbeiten, vom Einschleusen bis hin zum Lagern der Patienten auf den OP-Tischen und in den OP-Sälen – ich hatte mich nach wenigen Wochen gut eingefunden und wurde zu einem wichtigen Mitglied des OP-Teams. Nach den ersten Monaten wechselte ich in die ZSVA (Zentrale Sterilgutversorgungs Abteilung) des OPs in Döbeln, in welcher ich heute noch bin. Hier bin ich vor allem mit dem Wiederaufbereiten der Instrumente und Prothesensysteme zuständig. Dadurch bin ich in der Lage bereits jetzt viel über Instrumentenkunde, Operationen und die generellen Abläufe zu lernen. Was jetzt möglicherweise einfach klingt, ist jedoch ein höchst verantwortungsvolles Tätigkeitsfeld, welches hohe Konzentration erfordert.

Das Freiwillige Soziale Jahr bietet mir einen Einblick in die Medizin, wie ihn nur wenige bekommen. Ich weiß nun, wie die Dinge „hinter den Kulissen“ aussehen – dadurch kann ich mir ein großes Maß an Wissen aneignen, kann vor allem mich selbst weiterentwickeln. Ich kann einen Einblick in die verschiedenen Abteilungen eines Krankenhauses bekommen, lerne neue tolle Leute kennen und knüpfe Freundschaften fürs Leben.

Ich kann abschließend nur jedem ein FSJ empfehlen, aber nicht nur denen, die noch keine Idee für ihre Zukunft haben, sondern auch den Menschen, die schon wissen, wie ihre Zukunft aussehen soll. Auch wenn ich im Nachhinein feststelle, dass das, was ich im FSJ als Aufgabenfeld erledigt habe, mir nicht einhundertprozentig zugesagt hat, dann ist auch dies eine Erkenntnis fürs Leben, die den großen Stein des Lebens weiter feilt.

Umso trauriger ist es, dass der Ruf des FSJ in den Köpfen der Leute noch ein etwas angestaubtes Image besitzt, doch genau dafür schreibe ich diesen Blog.

Niemand muss sich für ein FSJ rechtfertigen, ganz im Gegenteil, jeder, der kein FSJ absolviert, verschwendet eine Erfahrung für das ganze Leben!

Jannik